Polen – Deutschland
Stand: 31.08.2022
FAQ Grenzgänger*innen Polen – Deutschland
1. Wer ist Grenzgänger*in?
Ein*e Grenzgänger*in ist eine Person, die in einem EU-Land (z.B. Deutschland) beschäftigt ist, aber den regelmäßigen Wohnort in einem anderen EU-Land (z.B. Polen) hat und täglich oder mindestens einmal die Woche dorthin pendelt. Der Begriff ist definiert in der EU-Verordnung (EG) Nr. 883/2004. Die Definition ist wichtig, weil der Grenzgänger*innen-Status die sozialen Rechte und Pflichten für die Beschäftigten bestimmt.
Zu beachten ist: Es ist nicht ausgeschlossen, als Grenzgänger*in in Deutschland eine vorübergehende zweite Unterkunft zu haben, in der man unter der Woche wohnt, solange man am Wochenende nach Polen pendelt.
2. Wo sind Grenzgänger*innen versichert?
Grundsätzlich sind Grenzgänger*innen in dem Land versichert, in dem sie arbeiten – also im Beschäftigungsstaat. Auch bei kurzfristigen Arbeitsaufenthalten müssen Sie dem Sozialversicherungssystem des Beschäftigungsstaates beitreten. Die Beiträge in die Systeme der sozialen Sicherheit werden demnach am Arbeitsort entrichtet. Die Leistungen können zum Teil auch am Wohnort in Anspruch genommen werden. Einzelheiten erfahren Sie unter den folgenden Punkten.
Gemäß EU-Recht gilt, dass Grenzgänger*innen in Fragen der sozialen Sicherheit gegenüber Arbeitnehmenden, die im gleichen Land wohnen und arbeiten, nicht benachteiligt werden dürfen.
3. Das Sozialversicherungssystem in Deutschland
Grundsätzlich besteht für Arbeitnehmer*innen eine Versicherungspflicht. Die Beiträge zur Sozialversicherung werden von Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden gemeinsam getragen. Zur Sozialversicherung gehören:
- Arbeitslosenversicherung
- Krankenversicherung
- Pflegeversicherung
- Rentenversicherung
Die Unfallversicherung hingegen wird alleine von den Arbeitgebenden einbezahlt.
Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine freiwillige Versicherung oder eine Familienmitversicherung für Personen, die nicht der Versicherungspflicht unterliegen, möglich.
Beachten Sie: Durch einen Minijob (ab 1.10.2022 bis 520 Euro) haben Sie in Deutschland keinen Versicherungsschutz bei der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung und nur einen geringen Anspruch in der Rentenversicherung. Sie haben damit keinen Anspruch auf Leistungen! Informieren Sie sich bei Ihrer Sozialversicherung, welche Auswirkungen die Aufnahme eines Minijobs in Deutschland für Sie hat und welches Land für Ihre Versicherung zuständig ist.
4. Arbeitslosigkeit
Als in Deutschland angestellte*r Grenzgänger*in bezahlen Sie Ihre Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in Deutschland – es gilt das Beschäftigungsprinzip. Die Höhe ist ein Prozentsatz des Bruttolohns und beträgt im Jahr 2022 für Arbeitnehmende und Arbeitgebende jeweils 1,2 Prozent. Der Anteil der Arbeitnehmer wird direkt vom Lohn abgezogen und ist auf der Lohnabrechnung zu sehen.
Wenn Sie arbeitslos werden, gilt dagegen das Wohnortprinzip – Sie müssen sich beim polnischen Arbeitsamt in Ihrem Wohnort melden und bekommen hier Ihr Arbeitslosengeld ausgezahlt. Bitte beachten Sie, dass auch wenn Sie nie in Polen gearbeitet haben und nie dort sozialversichert waren, trotzdem das Arbeitsamt in Polen für Sie zuständig ist. Die Meldung als arbeitslos kann über die Webseite des polnischen Arbeitsamtes (www.praca.gov.pl) oder in dem für Ihren Wohnort zuständigen Arbeitsamt geschehen.
Es gelten die Leistungsvoraussetzungen des polnischen Arbeitsamtes. Das heißt, auch die Höhe des Arbeitslosengeldes wird nach polnischem Recht bemessen! Grundsätzlich müssen Sie bei Arbeitslosigkeit der Arbeitsvermittlung am Wohnort zur Verfügung stehen und bereit sein, an Maßnahmen teilzunehmen. Darüber hinaus werden eigene Anstrengungen zur Stellensuche erwartet. Es müssen die für den Leistungsbezug am Wohnort geltenden Anwartschaftszeiten erfüllt sein. Als Nachweis der ausländischen Versicherungszeiten benötigen Sie bei der Antragstellung im Wohnsitzstaat die im Beschäftigungsstaat ausgestellte Bescheinigung U1 (erhältlich bei den Arbeitsagenturen in Deutschland). Die Auszahlung des Arbeitslosengeldes kann in bestimmten Fällen für einige Zeit gesperrt werden, z.B. nach einer fristlosen Kündigung, einem Aufhebungsvertrag, einer Eigenkündigung oder bei Nichtteilnahme an Maßnahmen des Arbeitsamtes.
Wenn Sie beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet sind, werden für Sie neben möglichem Arbeitslosengeld auch die Sozialversicherungsbeiträge bezahlt. Allein deswegen sollten Sie sich unbedingt arbeitslos melden, auch wenn die Aussicht auf Arbeitslosengeld gering ist. Eine nachgewiesene lückenlose Krankenversicherung zu haben wird später wichtig, wenn Sie wieder in Deutschland arbeiten möchten und in einer gesetzlichen Krankenkasse (z.B. AOK, TK, DAK usw.) versichert sein sollen.
Sie können sich als Grenzgänger*in neben dem Arbeitsamt im Wohnsitzland auch den Arbeitsämtern im letzten Beschäftigungsland (also z.B. Deutschland) zur Arbeitssuche zur Verfügung stellen.
5. Krankenversicherung
In Deutschland gibt es eine allgemeine Krankenversicherungspflicht. Man unterscheidet zwischen der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung. In der Regel sind Arbeitnehmer*innen in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Grundsätzlich ist man als Grenzgänger*in in dem Land versichert, in dem man arbeitet.
a. Krankenkasse
In Deutschland gibt es viele verschiedene Krankenkassen, die unterschiedliche Leistungen anbieten. Wenn Sie in Deutschland arbeiten bzw. arbeiten möchten, sollten Sie überlegen, welche Krankenkasse zu Ihren Vorstellungen am besten passt. Wenn Sie sich schon entschieden haben, bekommen Sie von Ihrer Krankenkasse eine Versicherungskarte (Chipkarte), mit der Sie sämtliche ärztliche Leistungen nutzen können.
Beachten Sie!
Wenn Sie nicht mehr beschäftigt sind und keine Lohnersatzleistungen (ALG 1, Krankengeld) bekommen, sollten Sie sich um Ihre Krankenversicherung kümmern. Denn diese geht automatisch in eine sog. obligatorische Anschlussversicherung mit freiwilliger Mitgliedschaft über. Als freiwilliges Mitglied ist man dann verpflichtet, die Beiträge selbst zu zahlen. Diese können monatlich bis zu 700 Euro betragen.
Wenn Sie dauerhaft nicht mehr in Deutschland arbeiten möchten, müssen Sie sich an Ihre Krankenkasse wenden und den Austritt erklären. Oft wird auch ein Nachweis einer anderweitigen Versicherung verlangt, z.B. ein Versicherungsnachweis aus Polen. So vermeiden Sie Schulden bei der Krankenkasse, denn diese dürfen noch vier Jahre rückwirkend Beiträge verlangen.
b. Mitversicherung der Familie
Für die Mitversicherung der Familie gibt es zwei Möglichkeiten:
- Wenn der andere Elternteil des Kindes/der Kinder in Polen wohnt und dort einer Beschäftigung nachgeht, sind die unterhaltsberechtigten Familienangehörigen dort mitversichert.
- Wenn der andere Elternteil keiner Beschäftigung in Polen nachgeht oder auch in Deutschland arbeitet, sind die unterhaltsberechtigten Familienangehörigen in Deutschland mitversichert. Dafür muss man bei der Krankenkasse in Deutschland das Formular S1 beantragen und anschließend bei der Krankenkasse in Polen einreichen. Mit diesem Formular werden die unterhaltsberechtigten Familienangehörigen auch in Polen krankenversichert und können die ärztlichen Leistungen nutzen.
6. Krankheit
Grundsätzlich, wenn Sie arbeitsunfähig krank sind, zahlt der*die Arbeitgeber*in bis zu sechs Wochen (42 Kalendertage) das Gehalt in voller Höhe weiter (sog. Entgeltfortzahlung). Voraussetzung dafür ist ein Arbeitsverhältnis, das seit vier Wochen ununterbrochen besteht. Wenn Sie länger als sechs Wochen krankgeschrieben sind, bekommen Sie in der Regel ab diesem Tag Krankengeld von der Krankenkasse.
a. Ausländische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU)
Die Krankenkassen in Deutschland sind verpflichtet auch eine AU zu akzeptieren, die in Polen ausgestellt wurden. In Polen werden sog. elektronische Krankschreibungen (ZUS ZLA) ausgestellt. Auf Wunsch wird Ihnen die Kopie der Krankschreibung ausgehändigt.
Es ist wichtig, dass Sie eine Kopie der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an Ihre*n Arbeitgeber*in und Ihre Krankenkasse senden. Gegebenenfalls geschieht das bereits automatisch elektronisch, dieses Verfahren wird gerade in Deutschland eingeführt. Achten Sie auch darauf, dass die Kopie für die Krankenkasse die statistische Nummer der Krankheit (Diagnose) enthält. Weiterhin sollte die e-ZLA-Bescheinigung innerhalb von sieben Tagen nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei der Krankenkasse eingereicht werden. Die Nichteinhaltung dieser 7-Tage-Frist kann zur Aussetzung des Antrags und zum Verlust des Krankengeldes führen.
Beachten Sie: Eine in Polen ausgestellte AU muss nicht ins Deutsche übersetzt werden. Arbeitgebende dürfen sie nicht ohne begründete Zweifel zurückweisen.
b. Krankengeld
Wenn Sie arbeitsunfähig krankgeschrieben sind, bezahlt in der Regel zunächst der*die Arbeitgeber*in den Lohn weiter (Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall). Wenn die Krankheit länger als sechs Wochen dauert und Sie weiterhin arbeitsunfähig sind, haben Sie Anspruch auf Krankengeld. Das Krankengeld beträgt 70 Prozent des vor der Krankheit erzielten Bruttoeinkommens, maximal 90 Prozent des Nettoeinkommens.
Wenn Sie wegen derselben Krankheit, die während des Arbeitsverhältnisses entstanden ist, ununterbrochen krankgeschrieben sind, ist der Anspruch auf das Krankengeld auf längstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren begrenzt.
c. Kinderkrankengeld
Kinderkrankengeld wird gezahlt, wenn der*die Ärzt*in bescheinigt, dass ein maximal elfjähriges erkranktes Kind beaufsichtigt, betreut oder gepflegt werden muss. In solchen Fällen bekommen berufstätige Eltern Kinderkrankengeld von der Krankenkasse und sind freigestellt.
Für jedes Kind können Sie bis zu zehn Arbeitstage pro Kalenderjahr Kinderkrankengeld erhalten. Beide Elternteile haben einen Anspruch darauf, wenn beide berufstätig sind – pro Kind also zusammen bis zu 20 Arbeitstage. Alleinerziehende haben einen Anspruch auf bis zu 20 Arbeitstage pro Kind. Bei mehr als zwei Kindern erhöht sich die Anzahl der Tage.
Beachten Sie: Für die Sorge für erwachsene kranke Angehörige oder Kinder, die älter als 12 Jahre sind, können Sie in Deutschland nicht selbst krankgeschrieben werden oder der Arbeit fernbleiben.
d. Behandlung im Wohnort - S1 Formular
Wenn Sie als Grenzgänger*in beschäftigt sind, sollten Sie dies umgehend Ihrer Krankenkasse mitteilen, damit Sie Leistungen aus der deutschen Krankenversicherung auch in Polen in Anspruch nehmen können. Dafür müssen Sie das sog. S1–Formular bei Ihrer Krankenkasse beantragen, die bestätigt, dass Sie dort die Beiträge zahlen.
Mit dem ausgestellten S1-Formular haben Sie dann in Polen nur Anspruch auf die Sachleistungen (z. B. Gesundheitsleistungen, medizinische Behandlung, Krankenhausaufenthalte), deren Kosten nach polnischem Recht übernommen würden – so als ob Sie in Polen versichert wären.
Das S1-Formular können Sie auch für Ihre unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ausstellen lassen – vorausgesetzt, die Familienangehörigen gehen nicht selbst in Polen einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbstständigen Tätigkeit nach. Der Vordruck wird pro Person ausgestellt.
e. Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK)
Grundsätzlich dürfen Arbeitgebende eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, egal ob in Polen oder in Deutschland ausgestellt, nicht einfach anzweifeln und die Lohnfortzahlung verweigern. Dies können die Arbeitgebenden nur dann tun, wenn sie Beweise vorlegen können, die ernsthafte Zweifel an der Erkrankung des Beschäftigten begründen. Wenn dies der Fall ist, müssen die Arbeitgebenden sich an die Krankenkasse wenden, die wiederrum den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) einschaltet und eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit einholt.
Falls bei Ihnen eine solche Situation eintritt, ist es wichtig, ein Schreiben oder eine telefonische Ladung des MDKs nicht zu ignorieren. Melden Sie sich am besten bei der Beratungsstelle.
7. Unfall
Als Grenzgänger*in sind Sie durch Ihre*n Arbeitgeber*in im Beschäftigungsland automatisch in der gesetzlichen Unfallversicherung pflichtversichert. Die Beiträge werden von den Arbeitgebenden entrichtet. Von der Versicherung umfasst sind Arbeitsunfälle, Wegeunfälle und Berufskrankheiten. Die Anerkennung als Versicherungsfall und die Höhe der Geldleistungen richten sich nach den gültigen Vorschriften im Beschäftigungsstaat. Bezüglich der Sachleistungen (z.B. ambulante, stationäre medizinische Behandlungen, Arznei-, Heil-, und Hilfsmittel) haben Sie Anspruch nach den Rechtsvorschriften Ihres Wohnsitzlandes, d.h. die Behandlung kann auch am Wohnort erfolgen.
7.1. Unfall am Arbeitsplatz
Ein Arbeitsunfall – also ein Unfall an der Arbeitsstätte – ist unverzüglich dem*der Arbeitgeber*in oder der Berufsgenossenschaft zu melden. Die Meldung an die Berufsgenossenschaft kann auch durch den*die behandelnde*n Arzt*Ärztin erfolgen.
Daneben sind Wegeunfälle Unfälle, die sich auf dem Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ereignen. Arbeitgebende müssen den Unfall melden, wenn die versicherte Person in Folge des Wegeunfalls mehr als drei Tage arbeitsunfähig gemeldet wurde.
In Deutschland gibt es sogenannte Durchgangsärzt*innen, die auf Arbeitsunfälle spezialisiert sind – nach einem Arbeits- oder Wegeunfall müssen Sie sich zunächst von diesen behandeln lassen. Die Durchgangsärzt*innen entscheiden dann, ob Sie sich weiter dort behandeln lassen müssen oder ob Sie im Anschluss zu einem*r anderen Arzt*Ärztin gehen können. Wenden Sie sich bei Problemen oder Fragen an Ihren Betriebs- oder Personalrat, die für Sie zuständige Berufsgenossenschaft oder eine Beratungsstelle.
Beachten Sie: Sagen Sie dem*der behandelnden Arzt*Ärztin gleich zu Beginn, dass es sich um einen Arbeits- oder Wegeunfall handelt. Notieren Sie sich Datum, Zeit und Zeug*innen des Arbeitsunfalls, falls Rückfragen von der Unfallversicherung gestellt werden.
7.2. Welche Geldleistungen erbringt die Unfallversicherung?
Von der Unfallversicherung kann man verschiedene Geldleistungen für einen erlittenen Arbeitsunfall erhalten, z.B. Verletztengeld, Pflegegeld oder Übergangsgeld.
Verletztengeld soll während der medizinischen Rehabilitation und nach dem Auslaufen der Entgeltfortzahlung den Ausfall an Einkommen ausgleichen und damit den Lebensunterhalt der Verletzten und der Angehörigen sicherstellen. Das Verletztengeld beträgt 80 Prozent des Regelentgelts. Pflegegeld erhalten Versicherte, die nach einem Arbeitsunfall oder wegen einer Berufskrankheit Pflege benötigen. Die Höhe des Pflegegelds ist abhängig von der Schwere des Gesundheitsschadens.
Was man von der deutschen Unfallversicherung nicht erhält, ist eine Entschädigungszahlung.
8. Familienleistungen
Familienleistungen sind zum einen Zuschüsse, die Familien erhalten, bis die Kinder selbst für ihren Unterhalt sorgen können (z.B. Kindergeld). Sie sind unabhängig vom Einkommen der Eltern und werden bis zu einem bestimmten Alter des Kindes oder bis zum Ende der Ausbildung gewährt. Zum anderen gehören zu den Familienleistungen aber auch Leistungen, die in den ersten Lebensjahren des Kindes gewährt werden, wenn ein Elternteil nicht oder nur in Teilzeit erwerbstätig ist und sich stattdessen der Kinderbetreuung widmet (z.B. Elterngeld). Die Leistungen erhalten Sie vorrangig im Beschäftigungsland.
8.1. Kindergeld
Alle Eltern, die in Polen wohnen und in Deutschland in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis stehen, haben einen Anspruch auf Kindergeld. Der Anspruch gilt ab der Geburt des Kindes mindestens bis zum vollendeten 18. Lebensjahr. Das Kindergeld wird bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres des Kindes verlängert, wenn es in Ausbildung ist – das bedeutet in einer Schule, Berufsausbildung oder einem Erststudium. Wenn das Kind arbeitslos ist und in Deutschland in der Bundesagentur für Arbeit angemeldet ist, wird das Kindergeld bis zum 21. Lebensjahr bezahlt.
Wenn Sie als Elternteil in Deutschland arbeiten aber Ihre Familie mit Kindern in Polen lebt, erhalten Sie vorrangig in Deutschland das Kindergeld. Wenn beide Eltern in verschiedenen Mitgliedstaaten der EU erwerbstätig sind, ist der Anspruch in dem Beschäftigungsland vorrangig, das zugleich Wohnland des Kindes ist. Wichtig ist, dass der andere Staat nachrangig leistungsverpflichtet sein kann – wenn Sie für Ihr Kind also in Polen Kindergeld bekommen, aber der Kindergeldanspruch in Deutschland höher wäre, bekommen Sie in Deutschland die Differenz ausgezahlt.
Das deutsche Kindergeld wird einkommensunabhängig gezahlt. Es ist nach der Zahl der Kinder gestaffelt. 2022 beträgt es:
- für das erste und zweite Kind monatlich 219 Euro,
- für das dritte Kind monatlich 225 Euro,
- für das vierte und jedes weitere Kind monatlich 250 Euro.
Als Grenzgänger*in kann das Kindergeld auf der Webseite der Familienkasse www.arbeitsagentur.de/familie-und-kinder oder mit einem Formular (https://www.arbeitsagentur.de/datei/kg1-antrag-kindergeld_ba017202.pdf) der Familienkasse beantragt werden. Das Formular müssen Sie hier einreichen:
Bundesagentur für Arbeit, Familienkasse Sachsen
09092 Chemnitz
Familienkasse-Sachsen@arbeitsagentur.de
Bitte beachten Sie, dass das Kindergeld nur für sechs Monate rückwirkend beantragt werden kann. Wenn das Kind in Polen wohnt, muss zusätzlich zum Antrag auf das Kindergeld eine Kopie der Geburtsurkunde des Kindes eingereicht werden, um die Existenz des Kindes zu belegen. Alternativ kann ein anderes amtliches Dokument vorgelegt werden – vorausgesetzt, es erbringt denselben Beweis.
8.2. Kinderzuschlag
Eltern können für Kinder unter 25 Jahren, für die sie Kindergeld erhalten und die im gleichen Haushalt wohnen, zusätzlich den Kinderzuschlag in Höhe von bis zu 209 Euro (2022) je Kind beantragen. Voraussetzung ist, dass die Eltern die Mindesteinkommensgrenze von 900 Euro für Elternpaare und 600 Euro für Alleinerziehende erreichen. Informationen zur Berechnung erhalten Sie unter www.familienkasse.de
8.3. Elterngeld
Eltern haben Anspruch auf Elterngeld, wenn sie nicht mehr als 32 Stunden in der Woche arbeiten, das Sorgerecht für das Kind haben, im gleichen Haushalt wohnen und das Kind überwiegend selbst betreuen. Wenn gleichzeitig deutsches Elterngeld und eine vergleichbare Leistung eines anderen Mitgliedstaats der EU in Betracht kommen, ist grundsätzlich vorrangig die Leistung im Beschäftigungsland des betreffenden Elternteils zu zahlen. Arbeitet jedoch der*die Ehepartner*in in einem anderen Mitgliedstaat, ist das Wohnland des Kindes vorrangig zur Zahlung verpflichtet. Wenn die Leistung im anderen Mitgliedstaat höher ist, wird von diesem die Differenz gezahlt.
Elterngeld steht Eltern nach der Geburt des Kindes im Umfang von bis zu 14 Monatsbeträgen zur Verfügung, die sie untereinander aufteilen können. Ein Elternteil kann das Elterngeld für mindestens zwei und maximal zwölf Monate beziehen. Wenn beide Eltern das Elterngeld nutzen und ihnen Erwerbseinkommen wegfällt, wird für zwei zusätzliche Monate (Partnermonate) Elterngeld gezahlt.
Daneben gibt es die Möglichkeit des ElterngeldPlus. Wenn die Eltern während der Elternzeit in Teilzeit weiterarbeiten, können sie so ihr Einkommen aufstocken. Es wird für den doppelten Zeitraum des normalen Elterngelds gezahlt, beträgt aber maximal die Hälfte. Für Paare, bei denen beide Elternteile zwischen 24 und 32 Stunden die Woche arbeiten und sich um das Kind kümmern, ist ein Partnerschaftsbonus von weiteren vier Monaten vorgesehen.
Maßgebend für die Höhe ist das Nettoeinkommen vor der Geburt des Kindes. Das Elterngeld ersetzt dann je nach vorherigem Einkommen zwischen 65 % und 100 % des nach der Geburt des Kindes wegfallenden monatlichen Einkommens. Das Elterngeld beträgt mindestens 300 Euro und höchstens 1.800 Euro. Das ElterngeldPlus beträgt mindestens 150 Euro und höchstens 900 Euro. Den Mindestbetrag von 300 Euro Elterngeld bzw. 150 Euro ElterngeldPlus erhalten auch nicht erwerbstätige Elternteile. Für Geringverdiener, Mehrkindfamilien und Familien mit Mehrlingen wird das Elterngeld erhöht.
Das Elterngeld muss schriftlich bei den Elterngeldstellen der Landkreise und kreisfreien Städte beantragt werden. Der Antrag muss nicht sofort nach der Geburt des Kindes gestellt werden. Rückwirkende Zahlungen werden jedoch nur für die letzten drei Monate vor Beginn des Monats geleistet, in dem der Antrag auf Elterngeld eingegangen ist.
Beachten Sie: Die Informationen zum Elterngeld gelten für Eltern, deren Kinder nach August 2021 geboren wurden. Falls Ihr Kind vor dem 1. September 2021 zur Welt kam, gelten für Sie teilweise andere Regelungen.
9. Rentenversicherung
In Deutschland wird die Altersrente solidarisch finanziert, indem die arbeitenden Generationen in Rententöpfe einzahlen, aus denen die ältere Generation die Rente bekommen. Das Renteneintrittsalter wird schrittweise angehoben, sodass es abhängig vom Geburtsjahrgang ist.
9.1. In welchem Staat bekomme ich meine Rente?
Als Grenzgänger*in unterliegen Sie der Versicherungspflicht im Beschäftigungsstaat. Grundsätzlich erhalten Sie eine Rente aus allen Ländern, in denen Sie länger als ein Jahr Beiträge gezahlt haben.
Grenzgänger*innen, die ihr gesamtes Erwerbsleben in Deutschland gearbeitet und in die deutsche Rentenkasse eingezahlt haben, erhalten auch in ihrem Wohnland Polen ihre deutsche Rente in voller Höhe. Ihre Rente wird Ihnen dann auf Ihr polnisches Konto überwiesen.
Wer dagegen nur einen Teil seines Erwerbslebens in Deutschland zugebracht und vorher etwa in Polen gearbeitet hat, kann nicht mit einer vollen deutschen Rente rechnen. Vielmehr zahlt für die in Polen zurückgelegten Beitragszeiten die polnische Rentenversicherung nach polnischem Recht. In allen anderen Ländern, in denen Sie mindestens 12 Monate gearbeitet haben, entsteht ein Anspruch auf Teilrente. Für jede Teilrente gelten die Anspruchsvoraussetzungen des Landes, aus dem die Rente gewährt wird. Wenn Sie z. B. außer einer polnischen Rente auch eine Teilrente aus Deutschland beanspruchen, müssen Sie für den deutschen Rentenanteil das Rentenalter und die Wartezeit erreicht haben, wie sie in Deutschland gelten – Rentenansprüche, die Sie in Deutschland erworben haben, werden nach deutschem Recht ermittelt.
Waren Sie in einem Land weniger als 12 Monate versichert, dann wird diese Zeit bei der Rente am Wohnsitz oder aus einem anderen Land, in dem Sie länger versichert waren, mitberücksichtigt. Wird die Wartezeit durch die Versicherungszeiten im jeweiligen Land nicht erfüllt, können die Beitragszeiten der verschiedenen Länder zusammengerechnet werden, damit ein Anspruch begründet ist.
Um Rente zu erhalten, muss man drei bis vier Monate vor Rentenbezug beim zuständigen Versicherungsträger am Wohnsitz einen Antrag stellen. Dieser leitet das Verfahren mit den Versicherungsträgern der anderen Staaten, in denen man versichert war, ein. Um zu wissen, wie Ihre individuelle finanzielle Situation im Alter für Sie aussehen wird, sollten Sie sich bei Ihrem zuständigen Rentenversicherungsträger nach den Einzelheiten der Rentenberechnung erkundigen. Gegebenenfalls können Sie auch eine vorläufige Rentenberechnung durchführen lassen.
9.1. Renteneintrittsalter und Höhe
Die Altersrente steht versicherten Personen zu, wenn sie die Regelaltersgrenze erreicht haben und die allgemeine Wartezeit (Mindestversicherungszeit) von 5 Jahren erfüllen. Die Regelaltersgrenze wird seit 2012 für ab 1947 Geborene schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben. Für die Geburtsjahrgänge ab 1964 ist dann im Jahr 2031 die Regelaltersgrenze 67 Jahre. Wer seine Rente früher erhalten will, muss in aller Regel Abschläge in Kauf nehmen. Einen Zuschlag bekommen Sie, wenn Sie die Regelaltersgrenze erreicht und die Wartezeit erfüllt haben, Sie jedoch die Rente noch nicht in Anspruch nehmen und länger arbeiten.
Sobald Sie alle Voraussetzungen erfüllt haben, muss die Rente innerhalb von drei Kalendermonaten beantragt werden. Stellen Sie Ihren Antrag später, so bekommen Sie erst ab diesem Antragszeitpunkt Rente ausgezahlt. Ihnen würden also Ansprüche verloren gehen, sollten Sie den Antrag nicht rechtzeitig stellen.
Die Rentenberechnung ist kompliziert, weil sie individuell berechnet wird und unterschiedliche Merkmale einbezieht. Die Höhe der Rente richtet sich nach dem gesamten Versicherungsleben. Berücksichtigt werden
- Beitragszeiten, Anrechnungszeiten oder Berücksichtigungszeiten
- die Höhe der während des gesamten Versicherungslebens eingezahlten Beiträge
- sämtliche Zeiten bis zum Beginn der Rente.
Regelmäßig werden zum 1. Juli eines Jahres die Renten angepasst. Hierbei wird die Entwicklung der Löhne und Gehälter der Beschäftigten zugrunde gelegt.
Haftungsausschluss
Diese Veröffentlichung enthält allgemeine Informationen zur Orientierung. Für die Richtigkeit aller Angaben kann keine Gewähr übernommen werden und es können keine Rechtsansprüche abgeleitet werden.
Quellen
DGB Sachsen
https://sachsen.dgb.de/cross-border-workers/soziale-sicherheit-in-deutschland-polen-und-tschechien
EUROPEAN TRADE UNION CONFEDERATION
https://www.etuc.org/sites/default/files/publication/files/mobility_guide_uk.pdf
Deutsche Rentenversicherung
https://www.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/international/europaeische_vereinbarungen/leben_und_arbeiten_in_europa.html